Joshua Salesin – Ornamental Turning

Künstlerporträt

Der Amerikaner Joshua Salesin hat sich auf die Kunstform des Ornamental Turning spezialisiert und kombiniert traditionelle Drehtechniken mit zeitgenössischen Designs. Mit einer Menge Einfallsreichtum erschafft er auf jahrhundertealten Kunstdrehbänken Gegenstände, die über die Funktionalität eines Gebrauchsgegenstandes hinauswirken und sich in den Bereich der dekorativen Künste einordnen. Die Präzision von Salesins Arbeiten lässt den Betrachter oftmals zu dem Schluss kommen, dass diese mit einem Computerprogramm und computergesteuerten Maschinen erstellt worden sein müssten, aber nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Das Drehen mit einer antiken Kunstdrechselbank unter dem Einsatz von Augen-Hand-Koordination und Intuition bestimmt nämlich Salesins Arbeit in der Werkstatt und war der dringend benötigte Ausgleich, den er nach vielen Arbeitsstunden am Computer brauchte.

Das Ornamental Turning, in Deutschland als Kunstdrechseln bzw. Passigdrechseln bezeichnet, kombiniert das Drehen von Holz mit einer Reihe von Werkzeugen und Techniken, die bei einer heute üblichen Drechselbank nicht zu finden sind. Beim Passigdrechseln wird das Werkstück sehr langsam gedreht und dabei in einen rosettenartigen Bewegungsablauf gebracht, während ein rotierendes Werkzeug Span abnimmt. Der bewegliche Spindelstock besitzt eine Reihe von gemusterten Scheiben (Fassonscheiben oder auch Patronen genannt), die von einem Taster abgenommen werden und somit eine Kippfunktion auslösen (Querpassig). Durch die Pumpwirkung in Längsrichtung der Drehspindel können weitere Formen geschnitten werden (Längspassig). Beim Passigdrehen läuft die Spindel der Drehbank also nicht nur rund, sondern erfährt gleichzeitig auch eine Verschiebung in horizontaler oder axialer Richtung. Die Geschichte der Passigdrehkunst reicht beinahe fünfhundert Jahre zurück und galt früher an Adelshöfen in ganz Europa als besonders schick.

Die Hochzeit erreichte diese Art des Kunsthandwerks im 18. und 19. Jahrhundert. Ein bekannter Hersteller für diese speziellen Drehbänke war der Elsässer Jean-Jaques Holtzapffel, der sich zu dieser Zeit in England niedergelassen hatte. Auf seinen damals revolutionären Mechaniken werden teilweise bis heute Objekte in vielen Formen hergestellt – elliptisch, multiaxial, spiralförmig, kanneliert und in anderen nicht kreisförmigen geometrischen Formen. Das Ergebnis kombiniert Einfallsreichtum mit dem Einsatz von Präzisionsmaschinen, um Objekte zu schaffen, die den Nutzen von Gebrauchsgegenständen übersteigen und viel eher als Kunstwerke zu verstehen sind. Eine gut ausgestattete Holtzapffel-Drehmaschine umfasst verschiedene Spannfutter (elliptisch, exzentrisch, geradlinig, kugelförmig), Schneidrahmen (horizontal, vertikal, universell, exzentrisch, epizykloidal), Vorrichtungen für krummlinige, spiralförmige und ovale Arbeiten sowie eine Sammlung von Profilfräsern. In Kombination sind unendlich viele Formen und Muster möglich.

Nachdem Salesin jahrelang als Programmierer tätig war, sehnte er sich nach einem kreativen Ausgleich, nach einer handwerklichen Tätigkeit, bei der der Kopf und die Hände zum Einsatz kommen konnten. Nach dem er einige Handwerke für sich ausprobiert hatte, blieb er letztlich dem Werkstoff Holz treu und entdeckte das Drechselhandwerk als neue Leidenschaft. „Als ich vor zwanzig Jahren mit dem Drechseln begann, war ich fasziniert von den Mustern der Natur, von der Fülle an schönen Farben und den erstaunlichen Holzmaserungen.“ Insbesondere die Oberflächendekoration von Drechselobjekten hatte sein Interesse geweckt und er war sofort fasziniert, als er in einer Kunsthandwerksgalerie zum ersten Mal Werkstücke entdeckte, die mit der Passigdrehkunst gefertigt wurden, und wollte mehr erfahren. Zum Teil auch, weil er sich nicht vorstellen konnte, wie diese Kunstobjekte entstanden waren. „Mich faszinierte die Auswahl an wunderschönen Mustern, die aus einer Vielzahl von Drehtechniken hergestellt worden waren. Heute versuche ich, die natürlichen Maserungen des Holzes mit den auf der Drehbank erstellten Ornamenten in Einklang zu bringen, um zu sehen, wie somit eine erstaunliche und unvorhersehbare visuelle Interaktion entsteht.“

Sie möchten weiterlesen? Im DrechslerMagazin Ausgabe 48 (Herbst 2019) finden Sie den vollständigen Artikel.

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