Deafmessanger Wood Turning – Perfect Imperfection

Künstlerporträt

Das Label Deafmessanger hatte im Grunde zunächst nichts mit kunstvoller Holzgestaltung zu tun. Lubomír Kuca ist eigentlich Sozialpädagoge und hat sich 2005 mit der Geschäftsidee der Deafmessanger Notebooks ein erfolgreiches Unternehmen aufgebaut. Er und sein Team erstellen in ihrem Studio in Prag kunstvolle Notizbücher, die aus alten Postkarten, Bildern, Spielkarten, Büchern und allerlei anderen schönen Fundstücken zusammengestellt werden. DEAF – MESS – ANGER. Aus diesen Worten setzt sich der Labelname zusammen, unter dem heute die Notebooks sowie auch Kucas Holzkunst unters Volk gebracht werden. Zu Deutsch also: Taub – Unordnung – Wut. Da der Holzkünstler früher in einer Band spielte und oftmals die Regler einfach zu weit aufdrehte, ist sein Gehör heute beeinträchtigt. „Die Leute fragten mich immer wieder, ob ich taub sei. Das bin ich nicht, aber ich beschloss trotzdem das Wort in meinen Labelnamen aufzunehmen.“ Kuca gibt außerdem zu, dass bei ihm ein Chaos herrscht, indem er seiner Kreativität allerdings freien Lauf lassen kann. Die „Wut“ ergab sich aus der Idee, ein Wortspiel in den Labelnamen einfließen zu lassen. Abgesehen davon seien wir manchmal schließlich alle von Zeit zu Zeit wütend. Das englische Wort Messenger abzuwandeln, wart laut Kuca im Nachhinein allerdings keine gute Idee gewesen. „Die Leute konnten uns online nicht finden, da sie den Namen grammatiklisch korrekt in die Suchmachine eingaben. Allerdings sorgt der Name auch für ein bisschen Aufmerksamkeit, was auch nicht schlecht ist.“
Aus einer Laune heraus, entdeckte Lubomir Kuca das Drechseln für sich. Der Tscheche verbrachte im Sommer 2018 seinen Urlaub im Ferienhaus der Familie und erinnerte sich, dass sein Großvater – der als Geigenbauer tätig war – in seiner Werkstatt auch eine Drechselbank hatte. Leider war die Drechselbank inzwischen entsorgt worden, aber der Gedanke ließ Kuca nicht mehr los. Kurzerhand bestellte er sich online seine erste Drechselbank und machte sich ans Werk. Wie so viele Drechseleinsteiger vor ihm, musste er feststellen, dass die Suchtgefahr vor der Drechsler warnen, kein Gerücht ist. So folgte auf die kleine Hobbydrechselbank auch direkt eine alte, beinahe tonnenschwere Ergänzung aus Gusseisen. Nur wohin damit? Ein befreundeter Schreiner Freund bot ihm an, die Neuanschaffung in seiner Werkstatt unterzubringen. Leider schaffte es Kuca nicht regelmäßig in die Werkstatt seines Freundes und stellte fest, dass sich daraus mehrere Probleme ergaben. Zum einen, kam er mit seinen Selbstlernversuchen nur zögerlich voran, zum anderen wiesen die zurückgelassenen Werkstück Risse auf, sodass er stets von vorne beginnen musste. „Ich hatte keine Ahnung davon, wie man das Werkstück nach dem Drechseln handhaben musste, um Risse und ungewollte Verformungen zu vermeiden.“ Doch mit viel Hingabe und der Trial-and-Error-Methode schaffte es Kuca, sich die grundlegenden Techniken des Drechselns anzueignen. Insbesondere YouTube-Videos ersetzten oftmals den Lehrmeister, der ihm auf die Finger schaut.

In allen Objekten, die bei Deafmessanger entstehen, steckt viel Liebe zum Detail, Persönlichkeit und eine kunstvolle Note. Kuca legt großen Wert auf Up- und Recycling, was sich sowohl in den Notebooks sowie auch in seinen Drechselarbeiten widerspiegelt. Der Tscheche versucht, aus Dingen, die die meisten Menschen als wertlos ansehen, neue Objekte zu erschaffen, die wieder Freude bereiten. Und da sein Schwiegervater in spe im Botanischen Garten in Dresden arbeitet, wird Kuca immer wieder mit frischem Holz von Bäumen versorgt, die aufgrund von Beschädigungen gefällt werden müssen. Diese erhalten dann in der Prager Werkstatt des Holzkünstlers einen neuen Zweck. Am liebsten arbeitet er mit Walnuss, Eiche, Birke und Ahorn. Das faszinierende am Drechseln ist für Kuca, dass ein kein Zurück gibt. Die einzige Option, um weiterzumachen, ist manchmal die Flucht nach vorne. Doch auch das hohe Maß an Konzentration, die das Drechseln erfordert, ist für ihn beinahe eine Art Mediation und schafft somit einen Ausgleich zum Alltag.

Sie möchten weiterlesen? Im DrechslerMagazin Ausgabe 57 finden Sie den vollständigen Artikel.

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